LÄNDERFINANZAUSGLEICH: BAYERN REICHT NORMENKONTROLLKLAGE EIN

Freistaat wendet sich an Bundesverfassungsgericht

04.07.2023

Der bayerische Ministerrat hat beschlossen, einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle gegen die derzeitige Ausgestaltung des bundesstaatlichen Finanzkraftausgleichs einzureichen. Die angegriffenen Vorschriften befinden sich im Maßstäbe- und im Finanzausgleichgesetz des Bundes.Bayern schultert als mit Abstand größtes „Zahlerland“ seit Jahren mehr als die Hälfte des gesamten Ausgleichsvolumens und leistete allein im Jahr 2022 einen Betrag in Höhe von knapp 10 Milliarden Euro. Insgesamt hat Bayern seit Inkrafttreten des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems etwa 3,4 Milliarden Euro erhalten, aber über 108 Milliarden Euro geleistet.

"Solidarität und Eigenverantwortung müssen sich im Ausgleichssystem künftig wieder die Waage halten. Es ist eigentlich Aufgabe des Bundesgesetzgebers, auf die besorgniserregende Schieflage im Ausgleichssystem zu reagieren. Dieser handelt aber trotz der enormen finanziellen Belastung Bayerns nicht", so MdL Max Gibis. Nachdem sich bei maximal fünf „Zahlerländern“ gegenüber minimal elf „Nehmerländern“ eine Lösung auf dem Verhandlungswege im Länderkreis unrealistisch erscheint, ist der Weg über den Normenkontrollantrag für Bayern alternativlos, um zu einem fairen und ausgewogenen Ausgleichssystem zurückzukehren.


Wesentliche Kritikpunkte Bayerns am aktuellen Ausgleichssystem:

  • Grunderwerbsteuereinnahmen werden aktuell nicht mit dem Ist-Aufkommen in die Berechnung einbezogen, sondern die Einnahmen werden mittels eines Normierungsverfahrens auf Grundlage eines bundesdurchschnittlichen Steuersatzes fiktiv berechnet. Problematisch hieran: Der Bundesdurchschnitt liegt bei 5,625 Prozent, da bis auf Bayern (mit 3,5 Prozent) alle Länder ihren Grunderwerbsteuersatz erhöht haben. Aufgrund des Normierungsverfahrens zahlt Bayern somit für fiktive Steuern, die tatsächlich gar nicht eingenommen werden.
  • Derzeit werden mit der so genannten „Einwohnerveredelung“ die Einwohnerzahlen einiger Länder überdurchschnittlich gewichtet, um angeblichen „abstrakten Mehrbedarfen“ Rechnung zu tragen. Es ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, wenn Einwohner von Berlin, Hamburg und Bremen im Gegensatz zu Einwohnern in Ballungsräumen anderer Länder wie München, Frankfurt am Main oder Stuttgart im Finanzkraftausgleich mit einem empirisch nicht nachvollziehbaren Satz von 135 Prozent gewichtet werden.
  • Das Bundesverfassungsgericht hat bereits Grenzen der bundesstaatlichen Solidarität aufgezeigt: (1) Keine entscheidende Schwächung der Leistungsfähigkeit eines „Geberlandes“ und (2) keine Nivellierung bestehender Finanzkraftunterschiede. Aktuell werden beide Grenzen gerissen: Bayern leistete 2022 mit knapp 10 Milliarden Euro (entsprechen etwa 13,86 Prozent der bayerischen Gesamtausgaben) erneut mehr als die Hälfte des gesamten Ausgleichsvolumens (rund 18,5 Milliarden Euro). Zudem kommt es zu deutlichen Veränderungen in der Pro-Kopf-Finanzkraftreihenfolge. Am Ende geht teilweise der solidarische Helfer Bayern deutlich schwächer aus dem System heraus als bedürftige Länder.

Bayern unterstützt gerne solidarisch – aber hierfür braucht es wieder einen fairen Rahmen, in dem die Interessen finanzstärkerer wie auch finanzschwächerer Länder gleichermaßen Berücksichtigung finden.